LG Hamburg, Urteil vom 1. März 2013 (Az. 324 S 6/12)
Eine Berufsgenossenschaft wurde auf der Website eines Mitgliedsunternehmens als »parasitäre Organisation« bezeichnet. Per einstweiliger Verfügung des Amtgerichts Hamburg ließ die Berufsgenossenschaft diese und weitere rufschädigende Äußerungen zunächst untersagen.
Das LG Hamburg entschied letztlich Folgendes:
- Zwar steht die Bezeichnung »parasitäre Organisation« im Zusammenhang mit dem Wort »Parasit«, das ein Lebewesen beschreibt, welches aus dem Zusammenleben mit anderen einseitigen Nutzen zieht. Die Behauptung soll das Ausbeuten der Mitgliedsunternehmen durch die Berufsgenossenschaft suggerieren.
- Es liegt dennoch keine Schmähkritik vor. Für die Annahme von Schmähkritik wäre es erforderlich, dass lediglich die Diffamierung des Betroffenen, der verletzt oder beschädigt werden soll, im Vordergrund der Äußerung steht.
- Es gibt sachliche Anknüpfungspunkte für die Äußerung, da mit der Bezeichnung »parasitär« auf die Zwangsmitgliedschaft hingewiesen und auf das kritisierte Missverhältnis zwischen den Beitragsleistungen und den Gegenleistungen aufmerksam gemacht werden soll. In dem Gesamtkontext dient die Behauptung in erster Linie nicht der Abqualifizierung der Tätigkeiten der Berufsgeossenschaft und deren öffentlicher Herabwürdigung, sondern trägt mittels der – wenn auch drastischen – Metapher zur Untermauerung der Kritik und damit noch zur Auseinandersetzung in der Sache bei.
Fazit:
Die Bezeichnung einer Körperschaft des öffentlichen Rechts als »parasitäre Organisation« ist jedenfalls dann keine Schmähkritik, wenn für die Äußerung sachliche Anknüpfungspunkte bestehen.
Das Urteil des LG Hamburgs zeigt einmal mehr, dass auch verhältnismäßig krasse Äußerungen regelmäßig (gerade) noch von der Meinungsfreiheit gedeckt sind und die Grenze zur unzulässigen Schmähkritik nur selten überschritten ist.