OLG Celle, Beschluss vom 20. Januar 2014 (Az. 13 W 100/13)
Die Betreiberin eines Brautmodengeschäfts hatte auf dem Bewertungsportal Qype eine durchschnittliche Bewertung von fünf Sternen aus insgesamt 29 Bewertungen erhalten. Nach der Übernahme des Portals durch Yelp und der Filterung der Beiträge mittels einer automatisierten Software wurde ein Großteil der Beiträge als „momentan nicht empfohlen“ eingestuft. Dies hatte zur Folge, dass das Brautmodengeschäft nur noch eine durchschnittliche Bewertung von drei Sternen hatte.
Die neue Darstellung der Bewertungen war der Inhaberin spätestens seit dem 23. Oktober 2013 bekannt. Nachdem mehrere Anwaltsschreiben erfolglos geblieben waren, stellte sie am 5. Dezember 2013 beim Landgericht Lüneburg einen Antrag auf einstweilige Verfügung, um Yelp die Filterung der Bewertungen und Ausblendung der „momentan nicht empfohlenen“ Beiträge gerichtlich untersagen zu lassen. Sie behauptete einen deutlichen Rückgang ihres Geschäftsbetriebes und meinte, Yelp filtere die Beiträge willkürlich. Dies sei als unwahre Tatsachenbehauptung zu qualifizieren und stelle einen Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb dar.
Das Landgericht Lüneburg hat den Antrag auf Erlass der einstweiligen Verfügung mit Beschluss vom 5. Dezember 2013 zurückgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die angegriffene Bewertung stelle weder einen Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb dar, noch sei eine Verletzung der Unternehmenspersönlichkeit festzustellen. Dem Betreiber eines Internetportals stehe es frei, Beiträge zu filtern und nur aktuelle Beiträge aus der letzten Zeit einzustellen, an der sich eine aktuelle Gesamtbewertung orientiere.
Das OLG Celle entschied über die hiergegen erhobene sofortige Beschwerde am 20. Januar 2014 wie folgt:
- Es kann dahinstehen, ob sich ein Verfügungsanspruch der Antragstellerin gegenüber der Antragsgegnerin aus § 823 Abs. 1, § 1004 BGB analog wegen eines rechtswidrigen Eingriffs in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb der Antragstellerin, wegen Verletzung eines Unternehmerpersönlichkeitsrechts der Antragstellerin oder auch wegen eines Verstoßes gegen § 4 Nr. 8 UWG ergeben kann. Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung bleibt erfolglos, weil die Antragstellerin einen Verfügungsgrund nicht hinreichend glaubhaft gemacht hat.
- Bei der Geltendmachung eines Unterlassungsanspruchs im Bereich des gewerblichen Rechtschutzes im einstweiligen Verfügungsverfahren wird der Verfügungsgrund gem. § 12 Abs. 2 UWG wegen der generellen Eilbedürftigkeit von Wettbewerbssachen vermutet. Die Vermutung für das Bestehen der Dringlichkeit ist nach allgemeiner Auffassung widerlegt, wenn der Verletzte durch sein eigenes Verhalten zu erkennen gegeben hat, dass die Verfolgung des beanstandeten Verstoßes für ihn selbst nicht eilig ist. In der Rechtsprechung der Oberlandesgerichte schwankt die Spanne, innerhalb derer der Verletzte nach Erlangung der Kenntnis von dem Verstoß tätig werden muss, damit die Dringlichkeitsvermutung nicht entfällt, zwischen vier Wochen und mehreren Monaten. Eine feste zeitliche Grenze lässt sich nicht ziehen, vielmehr kommt es auf die Umstände des Einzelfalls, insbesondere auf den Grund des Zuwartens an. Der Senat geht davon aus, dass die Dringlichkeitsvermutung regelmäßig widerlegt ist, wenn der Verletzte ab Kenntnis der beanstandeten Wettbewerbshandlung bis zur Antragstellung länger als einen Monat zuwartet. Dann müssen, jedenfalls wenn es sich um einen Fall mittleren Umfangs und durchschnittlicher Schwierigkeit handelt, besondere Umstände vorliegen, damit der Verletzte sich auf die Dringlichkeitsvermutung berufen kann. Ein deutliches Indiz gegen das Fortbestehen der Dringlichkeit ist in dem Umstand zu sehen, wenn der Antragsteller zwar unmittelbar nach Kenntniserlangung und Beschaffung der erforderlichen Unterlagen durch einen Rechtsanwalt den Antragsgegner abmahnen und ihm dabei eine nach Tagen bemessene kurze Frist setzten lässt, den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung aber erst mehrere Woche nach Ablauf dieser Frist einreicht, obwohl der Gegner der Abmahnung nichts Erhebliches entgegengesetzt hat.
- Unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls ist vorliegend die Dringlichkeitsvermutung widerlegt. Die Antragstellerin hatte spätestens seit dem 22. Oktober 2013 Kenntnis von der Änderung der Bewertung für ihr Geschäft nach Übernahme des Internetportals durch die Antragsgegnerin. Die Antragstellerin stellte erst am 5. Dezember 2013 den Antrag auf Erlass der einstweiligen Verfügung. Einen nachvollziehbaren Grund für das über einen Monat andauernde Zuwarten seit Kenntnis der behaupteten Verletzung hat die Antragstellerin nicht vorgetragen.
Fazit:
Das OLG Celle musste hier gar nicht darüber entscheiden, ob das Vorgehen von yelp rechtmäßig ist. Es konnte den Antrag auf einstweilige Verfügung schon deshalb zurückweisen, weil die Antragstellerin mit ihrem Antrag schlichtweg zu lange gewartet hat. Eine einstweilige Verfügung wird nur erlassen, wenn die Sache „dringlich“ ist. Es gibt zwar keine feste Frist, wie schnell der Antrag gestellt werden muss. Nachdem man von der Rechtsverletzung Kenntnis erlangt hat, sollte man aber auf keinen Fall länger als vier Wochen mit der Antragstellung warten. Im entschiedenen Fall hatte die Antragstellerin über einen Monat gewartet. Das war dem OLG Celle zu lange.
Der Volltext der Entscheidung ist hier abrufbar.