BGH, Urteil vom 20. Februar 2018 (Az. VI ZR 30/17)
Eine Ärztin erschien gegen ihren Willen auf der Bewertungsplattform jameda. Auf ihrer Profilseite wurden auch Informationen über konkurrierende Ärzte eingeblendet, die einen kostenpflichtigen Vertrag mit jameda über ein „Premium-Profil“ abgeschlossen hatten. Auf den Profilseiten der Premium-Kunden wurden dagegen keine Werbehinweise zu den örtlichen Konkurrenten eingeblendet. Die Ärztin möchte ihr gesamtes jameda-Profil löschen lassen.
Bereits im Jahr 2014 hatte der BGH zu entscheiden (vgl. hier), ob man ein ungewünschtes jameda-Profil löschen lassen kann. Damals entschied er, dass das Recht auf informationelle Selbstbestimmung sowie die Berufsausübungsfreiheit des klagenden Arztes nicht schwerer wiegen, als die Kommunikationsfreiheit des Bewertungsportals. Laut BGH besteht ein ganz erhebliches Interesse der Öffentlichkeit an Informationen über ärztliche Dienstleistungen. Ein Anspruch auf Löschung des gesamten Profils existiert deshalb grundsätzlich nicht. Ärzte müssen sich also auch gegen ihren Willen bewerten lassen.
Den vorliegenden Fall sah der BGH aufgrund der Einblendung der konkurrierenden Ärzte anders. Aus folgenden Gründen muss das Bewertungsportal das jameda-Profil löschen:
- Die Speicherung der Daten der Ärztin ist unzulässig, da jameda durch die Einblendung zahlender konkurrierender Ärzte die Stellung als „neutraler“ Informationsmittler verlässt.
- Die Grundrechtsposition der Ärztin überwiegt deshalb die Meinungs- und Medienfreiheit.
- Der Ärztin ist ein schutzwürdiges Interesse an dem Ausschluss der Speicherung ihrer Daten zuzubilligen. Sie kann ihr ungewünschtes jameda-Profil löschen lassen.
Fazit:
Soweit Bewertungsportale auf den einzelnen Profilseiten Werbung für Konkurrenten einblenden, handeln sie nicht mehr als neutrale Informationsmittler. In diesem speziellen Fall kann ein Anspruch auf vollständige Löschung eines ungewollten Profils bestehen.
Kurz nach der Verkündung des Urteils teilte jameda jedoch in einer Pressemitteilung mit, dass ihre Profile ab sofort ohne Anzeigen konkurrierender Ärzte dargestellt würden. Für die Praxis bedeutet dies, dass Profile bei jameda auch weiterhin nicht vollständig gelöscht werden können. Man kann vielmehr nur einzelne rechtswidrige Bewertungen entfernen lassen.
Zu dem Urteil liegt bislang nur eine Pressemitteilung des BGH vor. Diese ist hier abrufbar.