Landgericht Frankfurt am Main, Urteil vom 12.6.2020, Az. 2-3 O 167 /20
(und Landgericht Kassel, Urteil vom 15.6.2020, Az. 10 O 703/20)
Ein Zahnarzt musste feststellen, dass jameda einen Warnhinweis auf seinem Profil angebracht hatte. In dem Warnhinweis stand sinngemäß, dass
- jameda „Auffälligkeiten“ festgestellt habe, aufgrund derer jameda den Verdacht hege, dass Bewertungen manipuliert worden wären.
- jameda den Zahnarzt um Aufklärung gebeten habe. Dieser würde bestreiten, für die Auffälligkeiten verantwortlich zu sein.
- jameda nicht endgültig beurteilen könne, ob Bewertungen tatsächlich durch den Zahnarzt manipuliert wurden.
- jameda aufgrund dieses Sachverhalts nicht ausschließen könne, dass das Profil manipulierte Bewertungen enthalte.
Der betroffene Zahnarzt fühlte sich durch den Warnhinweis in seinen Rechten verletzt. Er wollte im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes die Löschung des Warnhinweises erreichen.
Das Landgericht Frankfurt hat im vorliegenden Fall jedoch gegen den Zahnarzt entschieden. Zur Begründung hat es folgende Überlegungen angeführt:
- jameda hatte vorliegend hinreichende und substanzielle Anhaltspunkte für eine Manipulation. Die in Rede stehenden, mutmaßlich manipulierten Bewertungen, wurden von E-Mail- und IP-Adressen eingereicht, die jameda bekannt waren: sie gehörten zu Unternehmen, die für andere jameda-Profile gekaufte Bewertungen abgegeben hatten. In diesen anderen Fällen hatten die betroffene Ärzte Manipulationen zugegeben.
- Diesen Verdacht konnte der Zahnarzt nicht wirksam entkräften. Er hat lediglich pauschal bestritten, die Bewertungen manipuliert zu haben und keine stichhaltigen Gegenbeweise vorgebracht.
- Die Bewertungsplattform jameda dient dem öffentlichen Interesse, Transparenz im Gesundheitswesen und den funktionierenden Wettbewerb zwischen Ärzten zu fördern. Zur Erfüllung dieser Funktion ist es wichtig, dass die Glaubwürdigkeit der Plattform nicht beeinträchtigt wird. Ein Warnhinweis kann die Glaubwürdigkeit der Plattform schützen.
- Der von jameda geschaltete Warnhinweis sei inhaltlich fair und angemessen formuliert worden. Er enthalte keine Vorverurteilung des Zahnarztes, sondern erkläre hinreichend deutlich, dass es sich um einen Verdacht handele.
Fazit:
Das alte Sprichwort „Lügen haben kurze Beine“ gilt auch im Internet. Bewertungsplattformen haben Strategien entwickelt, um gekaufte Bewertungen zu erkennen und Manipulationen einen Riegel vorzuschieben. Diese können zur Löschung von Bewertungen führen oder – wie im beschriebenen Fall – zu publikumswirksamen, für den Bewerteten wenig erfreulichen Warnhinweisen.
Das bedeutet jedoch nicht, dass ein Warnhinweis immer hinzunehmen ist! Wird ein solcher Warnhinweis geschaltet, muss in jedem Einzelfall ermittelt werden, ob die Entscheidung der Bewertungsplattform verhältnismäßig war. Kann ein Arzt mit guten Argumenten kontern und belegen, dass er keine Manipulation vorgenommen hat, bestehen gute Chancen, dass ein Gericht zu seinen Gunsten entscheidet und den Warnhinweis löschen lässt.
Das bestätigt ein fast zeitgleich mit dem oben beschriebenen Urteil des Landgerichts Frankfurt a.M. ergangenes Urteil des Landgerichts Kassel (Az. 10 O 703/20) vom 15.06.2020: In diesem Fall bejahte das Gericht einen Anspruch auf Löschung des Warnhinweises, da die Manipulation offenbar nicht von der bewerteten Ärztin selber, sondern ohne ihr Wissen von dem Praxisinhaber der Gemeinschaftspraxis veranlasst wurde.
Hinweis
In dieser Rubrik möchten wir über aktuelle Rechtsentwicklungen rund um Bewertungsportale berichten. Dabei geben die Artikel die Meinung der Verfasser zum Zeitpunkt der Veröffentlichung wieder. Aufgrund der Dynamik des Rechtsgebiets kann es vorkommen, dass besprochene Urteile durch zu einem späteren Zeitpunkt ergangene Urteile überholt sind. Auch ist es möglich, dass unterschiedliche Gerichte zu ähnlichen Rechtsfragen unterschiedliche Urteile fällen, soweit es zu diesen keine eindeutige Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs gibt.
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